Anorexie verstehen

Shownotes

Die Anorexie, auch Magersucht genannt, ist zwar nicht die häufigste Essstörung, aber eine mit den schwerwiegendsten gesundheitlichen Folgen. Für Außenstehende ist es oft schwer nachvollziehbar das Essen und Gewichtszunahme so krass intensive Gefühle von Angst, Panik und Stress auslösen können. Magersucht ist demnach keine „Marotte“, sondern eine ernsthafte und ernstzunehmende psychische Erkrankung, von der sehr unterschiedliche Menschen betroffen sein können. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Menschen selbst.

Für Betroffene: Falls dich solche Inhalte belasten, höre die Folge bitte nicht allein und achte gut auf dich.

IG: @psychotherapie.wien

Homepage: www.praxis-verhaltenstherapie.at

Österreich: Essstörungshotline: https://www.wig.or.at/selbsthilfe-beratung/hotline-fuer-essstoerungen Österreichische Gesellschaft für Essstörungen: https://www.oeges.or.at/Essstoerungen/Hilfe-fuer-Betroffene/Beratungsstellen/

Deutschland: Hilfe bei Essstörungen: https://essstoerungen.bioeg.de/hilfe-finden/ Deutsche Gesellschaft für Essstörungen: https://www.dgess.de

Schweiz: Essstörungsinfos: https://www.pepinfo.ch/de/anlaufstellen/index.php Schweizer Gesellschaft für Essstörungen: https://sges-ssta-ssda.ch

Transkript anzeigen

00:00:01: Herzlich willkommen zu meinem Podcast Lebenskunst, dem Podcast über Essstörungen und allem, was damit verbunden ist.

00:00:17: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts Lebenskunst, Essstörungen im Fokus.

00:00:23: Schön, dass du da bist.

00:00:25: Heute geht es um die wohl bekannteste Form der Essstörungen, die Anorexia nervosa, besser bekannt auch als Magersucht.

00:00:33: Vielleicht kennst du den Begriff eh schon aus den Medien?

00:00:37: oder aus Gesprächen mit anderen Menschen oder kennst jemanden in deinem Umfeld oder du interessierst dich einfach dafür.

00:00:43: Wenn du es selbst betroffen bist, dann überleg dir vielleicht zuerst, ob in dieser Folge was sein könnte, dass dich triggern könnte.

00:00:51: Wenn ja, dann wäre es besser, die Folge nicht anzuhören.

00:00:54: oder vielleicht zu einem Zeitpunkt, wo du für dich weißt, ja, jetzt geht's.

00:00:58: Mir ist es wichtig, dass hier niemand zu schaden kommt, nur durch meine Folge.

00:01:11: Mein Podcast richtet sich aber grundsätzlich an alle, die sich für das Thema Essstörung interessieren.

00:01:16: An Menschen, die mehr darüber erfahren möchten, an verschiedene Fachkräfte, die sich weiter mit dem Thema auseinandersetzen wollen, an Angehörige, die ein tieferes Verständnis gewinnen möchten und natürlich auch an Betroffene, die für sich vielleicht ein klares Bild der Erkrankung bekommen möchten.

00:01:31: Aber es ersetzt natürlich keine Therapie.

00:01:35: Kann aber vielleicht dazu ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

00:01:38: Das wäre ja ganz toll, gerade für diejenigen, die sich vielleicht bisher auch noch nicht getraut haben, den ersten Schritt zu tun.

00:01:46: Aber steigen wir mal ein, was steckt wirklich hinter dieser Diagnose?

00:01:51: Wie entsteht sie?

00:01:52: Welche Dynamiken greifen im Körper und in der Psyche ineinander?

00:01:56: Und warum ist es so schwer, diesen Kreislauf zu durchbrechen?

00:02:00: Genau das schauen wir uns heute an und dabei geht es mir nicht nur darum, mit Zahlen um mich zu werfen oder irgendwelche Schreckenszenarien zu verdeutlichen, nein gar nicht, sondern darum ein tieferes Verständnis zu schaffen.

00:02:13: Denn ich finde, Wissen kann entlasten und ein Verständnis kann neue Perspektiven öffnen.

00:02:20: Und genau das möchte ich dir heute mitgeben.

00:02:23: Dann schauen wir uns mal die Anorexie an, die Magersucht.

00:02:27: Bei einer Magersucht ist es für Betroffene sehr schwer, ein gesundes Körpergewicht zu halten.

00:02:34: Frauen sind tendenziell häufiger betroffen, doch auch Männer können erkranken.

00:02:40: Für viele Betroffenen ist die Vorstellung zuzunehmen.

00:02:45: ein Punkt, der ganz schwer auszuhalten ist, also kaum erträglich.

00:02:49: und das, obwohl sie oft nicht einmal an Appetit verlieren.

00:02:54: Aber anders als wie beispielsweise jetzt bei einem Hungerstreik, bei dem das Hungern so ein ganz klares Ziel hat und auch mit dem Ziel endet, wird das Abnehmen bei einer Magersucht zu, ich würde mal sagen, zu einer Art Dauerbelastung.

00:03:09: Das Hungern selbst wird Teil des Alltags.

00:03:13: Es wird sozusagen Wir nähert lebensweise ohne absehbares Ende und das macht die Erkrankung auch besonders belastend und schwer zu durchbrechen.

00:03:23: Für Außenstehende ist es oft ganz, ganz schwierig, sehr schwer nachzuvollziehen, dass Essen und Gewichtszunahme so krass intensive Gefühle von Angst und Stress auslösen können.

00:03:38: Viele können sich kaum vorstellen, welche körperlichen Schmerzen und welche psychische Belastung das Hungern mit sich bringt.

00:03:47: Ich finde aber es ist so wichtig zu verstehen, dass Magersucht keine Marotte ist, sondern eine ernsthafte, schwere psychische Erkrankung, von der sehr unterschiedliche Menschen auch betroffen sein können.

00:04:02: Und die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Menschen selbst.

00:04:06: In meiner Praxis begegne ich immer wieder Betroffenen mit ganzem.

00:04:10: verschiedenen, ganz unterschiedlichen Lebensgeschichten und jede einzelne mit individuellen Ursachen, die letzten Endes zu einer Essstörung geführt haben.

00:04:21: Und sein zentrales Symptom der Magersucht ist die starke Gewichtsabnahme.

00:04:26: Sie entsteht häufig durch, ich würde mal sagen, so eine Kombi aus körperlicher Überaktivität, also Sport, sehr viel Bewegung und stark eingeschränkte Nahrungsaufnahme.

00:04:40: Es gibt aber auch andere Wege der Gewichtskontrolle, wie Erbrechen oder die Einnahme von Abführmitteln oder Appetitzügelern.

00:04:49: Deshalb ist es auch manchmal, finde ich, gar nicht so leicht zu unterscheiden zwischen Magersucht und der Bulimie.

00:04:57: Es ist nicht immer ganz eindeutig, weil auch bei der Magersucht Erbrechen vorkommen kann.

00:05:03: Genau.

00:05:04: Also da ähneln sich die beiden dann ein bisschen.

00:05:08: Das Problem ist, wenn aber Magersuft, also ein anorektisches Verhalten, auch noch mit Erbrechen kombiniert wird, dann steigern sich die körperlichen und die psychischen Risiken nochmal enorm.

00:05:23: Also es ist dann einfach diese bulimische Komponente des Erbrechens, bringt dann einfach auch körperlich nochmal viel mehr Schäden mit sich.

00:05:34: Also es ist jetzt rein nur eine von beiden machen würde.

00:05:38: Das zeigt, Magersucht ist nicht gleich Magersucht, die Erkrankung kann ganz unterschiedliche Gesichter haben, entscheidend ist, zu erkennen, dass es bei Essstörungen immer um viel mehr geht, als nur ums Essen.

00:05:52: Sie sind Ausdruck oft tieferliegender psychischer Konflikte, tieferliegender Probleme, die ernst genommen und verstanden werden müssen.

00:06:06: Esstörungen oder die Art und Weise, wie dann gegessen wird, ist letztlich das Symptom.

00:06:12: Und weil es für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar ist, möchte ich auf verschiedene Bereiche eingehen und mal versuchen zu erklären, was in einer betroffenen Person innerlich passiert.

00:06:26: Und da möchte ich mal mit den Gedanken und den Gefühlen beginnen, die Magersucht.

00:06:34: Macht sich in der Gedankenwelt sehr stark breit, weil die Gedanken immer stärker um das Thema Essen kreisen.

00:06:42: Das heißt, es werden Gedanken gedacht, welche Lebensmittel enthalten, wie viele Kalorien, habe ich heute zu viel gegessen, ab wann darf ich wieder essen, was darf ich essen, wie viel wiege ich heute, wie schaut mein Körper aus, was könnten sich andere denken und so weiter.

00:07:02: Also auch das eigene Gewicht und die Figur werden ständig ganz kritisch bewertet und überprüft.

00:07:08: Und viele Betroffene nehmen ihren Körper auch leider total anders wahr, als ihr umfällt.

00:07:15: Selbst sehr dünne Menschen erleben sich oft als noch zu viel oder zu dick oder halt einfach nicht passen oder entdecken auch vermeintliche Problemzonen, die man von außen denkt.

00:07:29: Da gibt es keine Problemzone, aber das Gefühl der Betroffenen ist ein anderes.

00:07:36: Und das Aushalten von Hunger, das Kontrollieren des Körpers durchfasten, also Diäten oder Sport, wird oft als Erfolg oder auch als Stärkempfung.

00:07:48: Weil das muss man zuerst schon mal hinkriegen, diese Disziplin aufzubringen gegen so ein starkes Hungergefühl auch anzukämpfen.

00:07:55: Das kriegt ja nicht jeder hin und somit ist es für viele auch ein Stück weit ein Erfolg.

00:08:01: und gerät diese Kontrolle jedoch in Gefahr, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Familienessen, dann kann das ganz starke Gefühle auslösen.

00:08:11: Gefühle von Angst, Gefühle von Wut, auch von Scham und es kann sogar einfach wirklich auch zu aggressiven Verhalten kommen.

00:08:22: Weil das, worin man denkt gut zu sein, dass was einem gerade Halt gibt.

00:08:29: Das Ziel, das man gerade verfolgt, ist durch das Familienessen mal kurzfristig gefährdet und das löst wirklich eine ganze Welle an Gefühlen aus.

00:08:41: Dann schauen wir mal auf das Verhalten hin.

00:08:42: Das Essverhalten ist meist ganz stark geprägt von Verzicht und eben von Kontrolle.

00:08:50: Zunächst werden wir mal oder oft, das schildern mir die Leute immer, dass es am Anfang vor allem oft darum geht, kalorienreiche Speisen einfach mal wegzulassen und durch gesündere zu ersetzen.

00:09:03: Es werden aber mit der Zeit immer mehr Lebensmittel reduziert oder dann ganz gemieden und Phasen von so ganz strengen Fasten werden in der Regel ja noch immer länger und treten häufiger auf, bis es irgendwann vielleicht gar nicht mehr aufhört.

00:09:18: Und bei gemeinsamen Mahlzeiten Essen betroffen dann oft so langsam und wergen jeden Bissen ab und die Bissen sind super klein.

00:09:31: Und von außen, das mit anzusehen, ist für viele Familienangehörige oft unerträglich.

00:09:37: Das löst ja dann auch bei den anderen total viel Gefühle aus.

00:09:40: Das heißt, es sitzen Menschen am Tisch mit ganz vielen Gefühlen.

00:09:46: Betroffene erleben aber manchmal auch, wenn sie immer wieder längere Phasen des Hungerns haben, dass der Körper das irgendwann vielleicht nicht mal ganz so schafft und drängt immer mehr nach Essen.

00:09:58: Das heißt, es kann manchmal zwischendurch auch zu Essenfällen kommen, bei denen dann größere Mengen gegessen werden.

00:10:05: Es muss jetzt nicht immer sein, dass bei einer Anorexie, bei einer Magersucht, dann riesige Essenfälle stattfinden.

00:10:11: Es sind oft schon eher subjektiv große Essenfälle, aber im Vergleich zu dem, was die Leute sonst zu sich nehmen, ist es auf jeden Fall eine größere Menge in wesentlich kürzerer Zeit.

00:10:24: Und oft sind es dann eben auch Lebensmittel, die sonst tabu sind.

00:10:29: Aber wie gesagt, das ist dann oft auch ein sehr subjektives Empfinden, während wir von außen uns denken.

00:10:34: Gott sei Dank hat da jetzt die Person mal halbwegs vernünftige Portionen gegessen.

00:10:39: Ist das Empfinden bei den Betroffenen oft anders?

00:10:42: Sehen es als Anfall, was wiederum ganz viele Gefühle auslöst von Angst und Unsicherheit, Angst, die Kontrolle zu verlieren?

00:10:52: Ja, und dann gehen ganz, ganz, ganz viele Schreckenszenarien durch den Kopf.

00:10:56: Also, da kommt dann die Gedankenwelt wieder mit ins Spiel, was ganz viele Gefühle auslöst.

00:11:01: Ja, und dann gilt das meistens für die Betroffenen.

00:11:04: diese Entscheidung, ah, jetzt muss ich wieder mehr kontrollieren, damit mir das auf gar keinen Fall wieder passiert.

00:11:10: Weil all dieses Verhalten, diese Regeln, Vermitteln, den Betroffenen kurzfristig ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle.

00:11:20: Und einfach loszulassen ist, sehr schwer, weil es bei den Betroffenen Angst auslöst und ein Gefühl entstehen kann, tatsächlich die Kontrolle zu verlieren, was wiederum in Panik mündet.

00:11:34: Panik oder auch ganz starke innere Anspannung und das ist so unangenehm.

00:11:43: Und ganz oft kommt es bei den Betroffenen auch zu einem Rückzug.

00:11:48: Oder auch zu einem verheimlichen.

00:11:50: viele Betroffenen ziehen sich mit der Zeit zunehmend zurück und versuchen auch ihr Essverhalten vor anderen zu verbergen.

00:11:57: Also gerade auch bei Freundinnen und Freunden wird das oft, ja, man will nicht mehr vor ihnen essen, man möchte das Essen dort gar nicht thematisieren, versucht auf Situationen zu vermeiden, in denen man vielleicht mit denen essen müsste und so weiter.

00:12:13: Auch gemeinsame Mahlzeiten werden oft gemieden oder mit Ausreden umgangen, zum Beispiel auch zu Hause.

00:12:20: Ich habe schon mit meinen Freunden gegessen.

00:12:24: Man herrschbucken das Essen heimlich auch wieder aus oder werfen es weg.

00:12:27: Also es gibt da ganz viel Verhaltensweisen, die man an den Tag legen kann, einfach auch aus der Angst heraus, also von der Angst so getrieben zu sein.

00:12:39: um eine Gewichtszunahme zu vermeiden und auch den Kontrollverlust zu vermeiden.

00:12:46: Genau.

00:12:48: Und auch wenn man so Familiensituationen hernimmt, möchten viele natürlich auch den Diskussionen und den Konfrontationen mit der Familie aus dem Weg gehen.

00:12:58: Was ja nachvollziehbar ist, ist ja für alle unangenehm.

00:13:02: Und deswegen isolieren sich Betroffene oft einerseits von der Familie als auch von den Freundinnen.

00:13:09: Manchmal gibt es auch so heimliche Kontrollrituale, wie häufiges Wiegen oder zusätzliche Sport, der niemand mitkriegen soll.

00:13:19: Niemand hören soll.

00:13:21: Genau, also da ist es manchmal eine ganze Welt im stillen, im heimlichen, um immer wieder einfach diese Angst wegzukriegen, dass man das eigene Leben einem entgleiten könnte.

00:13:38: Ja, und viele haben aber schon so eine innere Ambivalenz auch.

00:13:41: Sie spüren schon, dass das eigene Verhalten vielleicht nicht ganz normal ist, dass andere das nicht so tun, dass sie da eigentlich im Konflikt sind mit ihrer Umwelt, vielleicht auch im Konflikt mit dem, was sie sich irgendwie schon wünschen würden, wie vielleicht weggehen, rausgehen, Freunde treffen, bei Familienfeiern einfach glücklich dabei zu sein, ohne Stress.

00:14:01: Aber gleichzeitig ist einfach diese Essstörungstynamik und diese Angst und Panik und Anspannung so stark, dass trotzdem das Verhalten nicht einfach weggelassen werden kann.

00:14:16: Und mit der Zeit schildern wir auch viele, man wird einsam.

00:14:20: Man wird sehr einsam, selbst wenn Menschen um einen herum sind, selbst wenn Geschwister da sind oder wenn ja die Eltern eh sehr präsent sind.

00:14:27: Man wird einsam, man ist in sich ein bisschen eingesperrt, eingeschlossen und viele fühlen sich auch mit sich so alleine.

00:14:38: Also grundsätzlich, gerade bei der Magersoft geht es eben oft darum, kurzfristig Ruhe zu finden, zu Friedenheit, wenn das irgendwie möglich ist, ein Gefühl der Sicherheit zu gewinnen.

00:14:51: Langfristige Konsequenzen werden dann nicht bedacht, zum einen weil man her betroffene ersten sehr jung sind und die Folgen auch nicht abschätzen können und zum anderen weil langfristige Konsequenzen im Moment einfach auch weniger spürbar sind.

00:15:05: kann es ehrlich auch viel leichter zu ignorieren sind.

00:15:09: Gerade langfristige Konsequenzen, das kennen wir vielleicht von uns auch, sind uns dann manchmal einfach auch egal.

00:15:15: Es ist soweit in der Zukunft, wir spüren es jetzt nicht, also können wir es viel leichter ignorieren als Dinge, die ihm hier und jetzt unmittelbar auf uns wirken.

00:15:28: Und betroffenen Magersoft entwickeln häufig eben ein Untergewicht.

00:15:33: Das ist aber jetzt nicht in jedem Stadium.

00:15:36: der Erkrankung sofort da oder sichtbar, auch Menschen mit normalem oder übergewicht können, bereits ein magersüchtiges Verhalten erst Verhalten zeigen, weshalb das Gewicht allein jetzt nicht immer ein verlässlicher Indikator ist.

00:15:53: Je nachdem, wie weit die Magersucht fortgeschritten ist, kommt es dann zwar schon meistens irgendwann auch zu einem Untergewicht, aber wie gesagt, es kommt auch darauf an, wo ein Mensch startet.

00:16:04: Das heißt, auch da muss man manchmal gut hinschauen, weil nur weil eben jemand noch nicht im Untergewicht ist, heißt es nicht, dass die Magersucht nicht schon da ist, also dass man das nicht übersieht.

00:16:17: Und im Verlauf der Erkrankung oder durch Begleiterkrankungen können zusätzliche körperliche Symptome auftreten.

00:16:24: Also zum Beispiel Gerät der Hormonhaushalt total durcheinander, gerade bei Mädchen und Frauen, bleibt die Periode ab einem gewissen Zeitpunkt aus.

00:16:37: Manche entwickeln auch so eine feine, flaumartige Behaarung, das nennt sich Lanugo-Behaarung, aber auch Ängste, depressive Verstimmungen, also Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, Antriebslosigkeit, können hinzukommen oder sich auch verstärken.

00:16:57: Und wenn eine magersüchtige Person zusätzlich auch zu Erbrechen greift, das nennt man auch Perching, erleben die Betroffenen häufig auch Beschwerden wie Übelkeit, Sodbrinnen, bis hin zu Zahnschmerzen und so weiter, weil das Erbrechen einfach auch nochmal sich auf den Körper auswirkt und Schäden verursacht.

00:17:22: Kurzfristige körperliche Folgen, was die Betroffenen meistens dann schon recht schnell spüren, sind Kreislaufprobleme.

00:17:30: Auch ein niedriger Blutdruck ist immer wieder zu sehen, manchmal kommt es auch zu Herzrhythmusstörungen, so ein allgemeines Schwächergefühl, vermehrte Müdigkeit, frieren.

00:17:42: Also viele haben auch im Sommer, wo uns mit kurzer Hose ein T-Shirt heiß ist, trotzdem lange Kleidung an, weil sie einfach frieren.

00:17:51: Haarausfall ist immer wieder ein Thema, aber auch brüchige Nägel, ganz trockene Haut und eben auch das Ausbleiben der Menstruation.

00:18:00: Längerfristige Folgen, die für Betroffene nicht so gut abzuschätzen sind oder so gut spürbar, aber die halt einfach irgendwann kommen, ist beispielsweise, dass sich die Knochendichte verändert, dass die Knochendichte geringer wird bis hin zur Osteoporose.

00:18:19: Dann natürlich Herzkreislaufprobleme oder dauerhafte auch Stoffwechselveränderungen und langfristig kann es auch zu Fruchtbarkeitsstörungen kommen oder eine chronische Schwäche vom Immunsystem.

00:18:31: jetzt um ein paar Beispiele zu nennen.

00:18:34: Aber es ist jetzt zum Beispiel gerade bei der Fruchtbarkeit einer dreizehnjährigen, so blöde es jetzt klingt, vielleicht in dem Moment einfach auch egal, weil die gar nicht abschätzen kann, ob sie mit dreißig dann tatsächlich... ein Kinderwunsch hat oder nicht.

00:18:49: Also es ist so weit in der Zukunft, dass es für die Betroffenen dann selbst, wenn man ihnen sagt, es einfach nicht so den Effekt hat.

00:18:58: Es kommt nicht wirklich so gut an.

00:19:01: Und daraus wird deutlich, dass es bei der Magersuft, dass es nicht nur ums Essen geht, sondern Betroffene haben eben Gedanken, Gefühle.

00:19:14: die sehr viel damit zu tun haben, zugrunde liegende Bedürfnisse, wie das Bedürfnis nach Sicherheit, das Bedürfnis nach Kontrolle, das Bedürfnis nach Orientierung, dass es gilt, irgendwie zu befriedigen und es da einfach anscheinend keine anderen Mechanismen gibt, die diese Bedürfnisse ausreichend befriedigen.

00:19:33: Es gibt eine gestörte Körperwahrnehmung und auch ein Verhalten, das vielleicht ab einem gewissen Zeitpunkt auch schon konditioniert ist an bestimmten Situationen und Gefühle, dass ja schädlich ist, würde ich mal sagen.

00:19:49: Also es ist insgesamt ein ganz komplexes Zusammenspiel, dass das gesamte Leben der Betroffenen prägt.

00:19:57: Und in der Praxis taucht deshalb auch eine Frage immer wieder auf, und zwar warum.

00:20:04: Wie konnte es passieren, dass mein Kind oder auch ich selbst eine Essstörung entwickelt habe.

00:20:10: Wer oder was ist Schuld?

00:20:13: Und die Antwort ist ganz selten eindeutig.

00:20:17: In den allermeisten Fällen gibt es nicht die eine Ursache.

00:20:21: Vielmehr gleicht die Entwicklung einer Magersoft, das habe ich auch in der ersten Folge mal gesagt, einem Puzzle.

00:20:26: Aber ich finde, dieses Bild ist so anschaulich, wenn man sich ein Puzzle vorstellt.

00:20:30: Ein Puzzle besteht aus mehreren Puzzle Teilen.

00:20:34: Und somit braucht es mehrere Komponenten, die zusammenkommen, dass ein ganzes Puzzle entsteht.

00:20:41: Und das vollständige Puzzle wäre quasi das vollständige Bild der Erkrankung.

00:20:47: Und gerade für Angehörige spielt die Schuldfrage so eine große Rolle.

00:20:52: Eine Magersucht bringt Familien nicht selten in eine wirklich heftige Krise.

00:21:00: Und das Verhalten der Betroffenen kann so provozierend wirken.

00:21:04: und so unverständlich erscheinen und zu echt heftigen Konflikten in der Familie führen, was die Beziehungen von den Eltern zum Kind zwischen den Geschwistern und wer auch immer alles der Teil der Familie ist, total belasten kann.

00:21:18: Also die Beziehungen werden oft wirklich schlechter und das macht alle Beteiligten in der Regel so traurig.

00:21:27: Für Eltern ist es oft auch schwer zu unterscheiden, was ihr Kind aus sich selbst heraustut und was Ausdruck der Erkrankung ist.

00:21:38: Und gleichzeitig sind sie mit einer Flut an eigenen Gefühlen konfrontiert, ja auch Eltern sind Menschen, sprich haben Gefühle.

00:21:47: Und da ist die Angst um das Kind, also ein Gefühl oft von Hilflosigkeit, Gefühl von Ohnmacht.

00:21:55: Ja, einfach auch nichts tun können.

00:21:57: Das heißt, es kommt auch ganz starke Verzweiflung.

00:22:01: Und viele fühlen sich innerlich auch so zerrissen und stellen sich halt wirklich die Frage, was habe ich falsch gemacht oder was haben wir falsch gemacht?

00:22:11: Und darauf gibt es keine einfache Antwort, aber wichtig ist.

00:22:16: Und vielleicht bist du gerade ein Angehöriger, der sich das anhört.

00:22:21: Dann höre ich jetzt gut zu, nämlich Bagersucht bedeutet nicht, dass Eltern oder primäre Bezugspersonen in ihrer Erziehung versagt haben.

00:22:33: Das ist nicht etwas, was per se einfach mal vorkommt oder eine Grundvoraussetzung ist.

00:22:40: Eltern müssen nicht versagt haben, können sehr fürsorglich sein, können ihr Bestes gegeben haben und trotzdem ist eine Essstörung entstanden.

00:22:49: Wichtig ist auch, zu wissen, dass eine Magersucht eine Anorexie ist, kein Lifestyle, das ist keine bewusste Provokation und auch keine Form von so Aufmüpfigkeit.

00:23:03: Und vor allem, es ist nichts, womit Betroffene einfach so aufhören können.

00:23:09: Auch wenn man sich das wünscht, aber das geht nicht.

00:23:11: Die Magersuchtdynamik ist eine ganz, ganz starke.

00:23:16: Das hat Ähnlichkeiten mit so Suchtdynamik, nach wenn es jetzt keine klassische Sucht ist, aber man kann da nicht einfach aussteigen.

00:23:24: Magersucht ist so eine schwerwiegende psychische Erkrankung mit vielen verschiedenen Ursachen von der Biologie, über die Psyche, über soziale Einflüsse und so weiter.

00:23:35: Das sind Zahnräder, die ineinander hinein.

00:23:39: greifen sozusagen und sich gegenseitig verstärken und erst dieses Zusammenspiel schafft dann den Nährboden, auf dem eine Essstörung entstehen kann.

00:23:51: Um das besser zu verstehen, schauen wir uns jetzt mal nochmal die biologischen, psychischen und auch gesellschaftliche Mechanismen an, die bei einer Magersucht dazusammenspielen können.

00:24:03: Manche kennen vielleicht, wenn sie die erste Folge gesehen haben, schon ein paar Sachen.

00:24:08: Viele hören sich aber jetzt vielleicht diese Folge als erste Folge an.

00:24:13: Ein wichtiger Aspekt ist unsere Genetik zum Beispiel.

00:24:16: Die Forschung zeigt inzwischen wirklich deutlich, Essstörungen sind keine reine Kopfsache, sondern haben auch biologische Wurzeln.

00:24:24: Und genetische Faktoren spielen wirklich eine wichtige Rolle.

00:24:29: Untersuchungen mit Familien und auch Zwillingsstudien zeigen.

00:24:33: dass das Risiko an Anorexie zu erkranken teilweise vererbt wird.

00:24:39: Das bedeutet jetzt aber natürlich nicht, dass die Erkrankung vorher bestimmt ist.

00:24:43: Niemand muss zwangsläufig krank werden, nur weil bestimmte Gene vorhanden sind, das natürlich nicht.

00:24:50: Viel mehr bringen Menschen aber eine größere Anfälligkeit oder Verletzlichkeit mit sich.

00:24:57: Konkret heißt das, Wer eine genetische Veranlagung hat, reagiert möglicherweise empfindlicher auf Stress, auf Leistungsdruck, auf Selbstwertprobleme oder gesellschaftliche Schönheitsideale.

00:25:13: Diese genetische Verletzlichkeit ist also sozusagen wie eine Art Hintergrundfaktor, der in Kombination mit psychischen und sozialen Einflüssen das Risiko für eine Essstörung erhöht.

00:25:29: Also es erhöht einfach die Wahrscheinlichkeit.

00:25:32: Auch das Gehirn spielt eine zentrale Rolle.

00:25:36: Forschungen haben auch hier gezeigt, dass bestimmte Bereiche, die für Belohnung, Impulskontrolle, aber auch zum Beispiel Körperwahrnehmung zuständig sind, bei Betroffenen anders reagieren.

00:25:48: Das kann erklären, warum Hungern oder Gewichtsverlust kurzfristig auch als angenehm kontrollierend oder sogar belohnend empfunden wird, während normales Ästen auf kein positives Gefühl auslöst.

00:26:04: Das Gehirn lernt da gewissermaßen, Verzicht tut gut, obwohl der Körper dabei ganz massiv leidet.

00:26:12: Und genau diese veränderte Verarbeitung von Belohnung und Körperwahrnehmung macht Essstörungen so stabil und schwer zu durchbrechen.

00:26:22: Also das ist schon so ein bisschen auch ein kleiner Entgegner, würde ich mal sagen, in der Therapie.

00:26:28: Aber auch eine entscheidende Rolle spielen auch die Botenstoffe im Gehirn, die sogenannten Neurotransmitter.

00:26:35: Das Serotonin, das hat ihr sicher irgendwo schon mal gehört, oder dieser Begriff ist euch sicher auch schon untergekommen, das Serotonin beeinflusst unter anderem unseren Appetit, unsere Stimmung, aber auch unsere Impulskontrolle.

00:26:50: Und gerät dieses System sozusagen aus dem Gleichgewicht, kann das auch eine Essstörung begünstigen und ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle verstärken.

00:27:04: Dann gibt es aber auch noch das Dopamin.

00:27:06: Das Dopamin wiederum ist eng mit dem Belohnungssystem verknüpft und Ungleichgewichte hier können dazu führen, dass hungern, oder auch abnehmen, kurzfristig als positiv erlebt wird, während normales Essen weniger Freude bereitet, sozusagen.

00:27:23: Also gleichzeitig wird Stress stärker wahrgenommen und das Nicht-Essen, also das Restriktive, als angenehm.

00:27:32: Und das ist ein Kreislauf, der die Essstörung, wenn sie mal ausgebrochen ist, auch aufrechterhält.

00:27:39: Und jetzt ist es ja so, dass vor allem auch viele Jugendliche an einer Essstörung leiden.

00:27:45: natürlich nicht nur, aber wenn man sich gerade die Pubertät auch anschaut, ist da natürlich ein ganz entscheidender Faktor, die Hormone.

00:27:53: Weil die Hormone, gerade meines Erachtens bei Mädchen und Frauen einfach im Laufe des Lebens immer irgendwie ein Thema sind, Hormone haben einfach einen großen Einfluss.

00:28:03: Und ja, wie gesagt, besonders in der Pubertät, wenn der Körper sich stark verändert, steigt die Anfälligkeit auch hier nochmal für Essstörungen.

00:28:13: Weil hormonelle Umstellungen, wenn du die das anhörst und das vielleicht von dir kennst, das kann so Stimmungsschwankungen führen, man fühlt sich manchmal unsicher, man hat auch eine veränderte Körperwahrnehmung, genau, und das sind einfach nochmal Empfindungen, die da schön mit hinein spielen können.

00:28:33: Aber natürlich spielen auch so psychologische Muster eine Rolle bei der Entstehung einer Marge sucht.

00:28:39: und um den Menschen ganzheitlich zu verstehen, lohnt es sich, diese inneren Mechanismen auch genauer anzuschauen.

00:28:45: Und habe ich gerade in der Folge ist auch schon öfters das Wort Kontrolle und Sicherheit gefallen.

00:28:50: Das Bedürfnis nach Kontrolle und das Bedürfnis nach Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis.

00:28:56: und gerade in Phasen, in denen das Leben einfach überwältigend ist und in denen das Leben als unsicher erscheint.

00:29:05: Grad zum Beispiel etwa in der Pubertät bei schulischem Stress oder anderen belastenden Erfahrungen, suchen so viele Menschen, nach wegen irgendwie Stabilität zu finden.

00:29:18: Das ist auch nachvollziehbar, wir Menschen möchten uns sicher fühlen.

00:29:23: Wir brauchen Stabilität, wir brauchen Ordnung.

00:29:26: Und gerade bei einer Essstörung wie Anorexie kann dieses Bedürfnis sehr stark ausgeprägt sein.

00:29:33: Essen, Gewicht, Bewegung werden dann zu Bereichen über die Betroffene das Gefühl haben, diese Kontrolle zurückzugewinnen oder die Kontrolle zu behalten.

00:29:43: Und gleichzeitig gibt diese Kontrolle auch kurzfristig ein Gefühl eben von Sicherheit, ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, ein Gefühl von Orientierung und Ordnung, auch wenn der Körper darunter leidet.

00:29:57: Und deshalb bedeutetlich, warum Essstörungen nicht einfach durch gute Vorsätze oder Willenskraft überwunden werden können.

00:30:04: Sie erfüllen psychologisch eine sehr wichtige Funktion und helfen, innere Unsicherheit und Angst zu regulieren.

00:30:11: Also das heißt, es ist eigentlich eine Form der Emotionsregulation geworden.

00:30:16: Und nicht zu unterschätzen ist da auch das Selbstwertgefühl.

00:30:20: Viele Betroffene fühlen sich tief im Inneren nicht gut genug.

00:30:24: und haben das Gefühl, den eigenen Ansprüchen oder denen anderer nicht gerecht zu werden.

00:30:31: Und das sind so Minderwertigkeitsgefühle, die sind total belastend für Betroffene.

00:30:38: Das tut denen richtig weh und die Essstörung kann dann wie ein Mittel erscheinen, Anerkennung zu bekommen, Bestätigung zu bekommen und vielleicht auch wieder den eigenen Selbstwert ein bisschen zu stabilisieren, durch Disziplin, durch Durchhaltevermögen.

00:30:56: Weil, also das ist so ein Satz, den ich schon oft gehört habe, es kriegen ja nicht alle hin, das muss man zuerst mal schaffen.

00:31:03: Und darüber speist sich dann der Selbstwert, also dadurch wird der Selbstwert dann kurzfristig zumindest wieder ein bisschen erhöht.

00:31:10: Oder auch das Schlang sein, weil das ja oft in der Gesellschaft auch so positiv assoziiert wird.

00:31:18: Und auf diese Weise entsteht kurzfristig das Gefühl, etwas richtig zu machen.

00:31:23: Kontrolle über das eigene Leben zu haben, auch wenn die langfristigen Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden eigentlich dadurch ja total stark gefährdet ist.

00:31:33: Also all diese psychologischen Muster zeigen Anorexie erfüllt bestimmte Funktionen.

00:31:39: Sie ist ein Versuch mit innerer Spannung, mit Unsicherheit oder auch emotionaler Belastung umzugehen.

00:31:46: Und genau das macht die Erkrankung einerseits verständlich.

00:31:51: finde ich, aber andererseits auch so schwer loszulassen.

00:31:57: Jetzt haben wir so die Bio angeschaut, die Psyche und wir sind aber eben eingebettet in eine Welt, das heißt soziale und gesellschaftliche Einflüsse haben auch einen Einfluss auf uns.

00:32:10: Ein zentraler, sozialer Faktor sind die Schönheitsideale, die uns täglich begegnen in Medien, in der Werbung, auf Social Media.

00:32:19: Schlankheit wird oft gleichgesetzt.

00:32:23: Es kommt selten vor, dass das mal anders ist.

00:32:26: Mit Attraktivität, mit Erfolg, mit Selbstdisziplin.

00:32:30: Besonders junge Menschen, die sich ohnehin in einer Phase der Unsicherheit über den eigenen Körper befinden, können dadurch unter einen großen Druck geraten.

00:32:42: Auch das familiäre Umfeld spielt eine Rolle.

00:32:44: Dabei geht es jetzt nicht darum, Eltern schuld zu geben.

00:32:47: Überhaupt nicht.

00:32:48: Das ist mir eben wichtig, dass ... Das hervorzuheben, dass es darum gar nicht geht, sondern Essstörungen entstehen, geben nie durch eine einzelne Ursache, dennoch können natürlich bestimmte Dynamiken das Risiko erhöhen, etwa wenn ganz viel Wert in der Familie auf Leistung gelegt wird, wenn ganz viel Wert auf Kontrolle gelegt wird oder auch auf das Aussehen.

00:33:12: Ja, oder wenn auch Konflikte eher vermieden werden, vieles ein Tabu ist, Gefühle nicht gezeigt werden oder nicht gezeigt werden dürfen, Dinge nicht offen angesprochen werden dürfen.

00:33:25: Kann das ein bisschen die Verletzlichkeit für eine Essstörung erhöhen.

00:33:28: Aber wie gesagt, ein einzelner Punkt reicht nicht aus.

00:33:32: Aber gerade in der Pubertät orientieren sich Jugendliche zudem auch stark an Gleichaltricken.

00:33:38: Also sie orientieren sich einerseits an der Familie, natürlich an den Eltern, andererseits auch an gleiche Allträgen.

00:33:45: Und wer das Gefühl hat, nicht dazu zu gehören oder anders zu sein oder auch den Erwartungen einfach nicht zu entsprechen, versucht dann eben manchmal über Essen und Körper ein Gefühl von Anerkennung oder Zugehörigkeit zu gewinnen.

00:34:02: Und wenn dann beispielsweise noch irgendwelche Ereignisse dazukommen, die einen belasten von Mobbing über Diskriminierung oder Ausgrenzung, emotionale Gewalt, körperliche Gewalt, Missbrauch und so weiter, also jegliche Art von Traumata erhöhen natürlich das Risiko ebenfalls.

00:34:20: und nicht zuletzt beeinflusst auch die Kultur, in der wir leben, das erst verhalten.

00:34:26: In westlichen Gesellschaften herrscht, wenn wir ehrlich sind, eigentlich ein Überfluss an Nahrung.

00:34:31: Gleichzeitig gibt es so eine heftig starke Fixierung auf Diäten, auf Körperkontrolle und auf sogenannte Idealbilder.

00:34:40: Und dieses Spannungsfeld kann ein gestörter Verhältnis zu Essen und zum eigenen Körper begünstigen.

00:34:48: Es muss jetzt nicht immer eine Essstörung auslösen, aber es setzt schon viele Menschen unter Druck.

00:34:52: Und all diese sozialen Einflüsse wirken halt ebenfalls.

00:34:56: Es ist so ein bisschen wie ein Dünger für den Boden.

00:35:00: was dann noch dazukommt.

00:35:02: Sie allein, also auf soziale Einflüsse allein verursachten selten eine Essstörung, aber eben in Kombination mit anderen Dingen, mit biologischen Voraussetzungen, mit schwierigen Lebensereignissen, mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen usw.

00:35:18: All das kann dazu beitragen, dass eine Magesucht entsteht oder auch, dass sie aufrechterhalten wird.

00:35:26: Und wenn wir die Anzahl möglicher Ursachen der Magersucht jetzt mal betrachten, wird halt schon deutlich, finde ich.

00:35:32: Es ist eben nie nur ein einzelner Faktor, der zur Entstehung führt.

00:35:35: Vielmehr greifen eben verschiedene Einflüsse ineinander.

00:35:39: Und ich sage da eben gerne mal, es sind wie Zahnräder, die sich gegenseitig verstärken.

00:35:45: Und diese Komplexität ist entscheidend sowohl für das Verständnis der Erkrankung als auch für die Behandlung.

00:35:53: Die psychische Erkrankung wie Anodexie, das ist so vielschichtig und deshalb reicht es nicht aus, nur einen Symptom oder nur eine Ebene zu betrachten.

00:36:03: Das würde dem Ganzen eben nicht gerecht werden.

00:36:06: In der Therapie, sei es jetzt in der Verhaltenstherapie oder auch kann es sicher bei anderen ansetzen, gehe ich jetzt mal davon aus, ist es daher wichtig, alle Ebenen einzubeziehen und den Menschen in seiner Gesamtheit zu betrachten.

00:36:21: Jede Person bringt eine ganz eigene individuelle Kombination dieser Faktoren mit.

00:36:27: Und Therapie bedeutet daher immer genau hinzuschauen und die persönliche Geschichte zu verstehen und die einzelnen Komponenten auch miteinander in Verbindung zu setzen.

00:36:39: Die Magersucht ist ernst, die Magersucht ist gefährlich, aber sie ist behandelbar.

00:36:45: Und mit Unterstützung von, ich sage immer, verschiedenen Helferleihen, einem interdisziplinären Team nämlich und auch einem tragenden Umfeld können Betroffene lernen, wie sie das Bedürfnis nach Kontrolle, nach Sicherheit oder auch Selbstwerterhöhung auf eine gesunde Weise entwickeln können und ein Leben jenseits der Erststörung für sich aufbauen können.

00:37:11: Es gibt natürlich immer wieder Personen, die es natürlich auch ohne professionelle Hilfe schaffen.

00:37:16: Die gibt es immer.

00:37:17: Das ist beeindruckend und Ja, bewundernswert, weil es wirklich, wirklich schwer ist, sich da alleine rauszukämpfen.

00:37:26: Das gibt es.

00:37:28: Wichtig ist, man muss nicht das Thema alleine rauskommen.

00:37:31: Man darf sich wirklich Hilfe suchen.

00:37:32: Ich finde, man sollte sich auch Hilfe suchen, um sich einfach selbst vielleicht auch nochmal die Chance für sich zu erhöhen, da wirklich rauszukommen und am Schluss halt auch ein Leben zu haben.

00:37:45: Damit sind wir am Ende dieser Folge angekommen.

00:37:48: Ich hoffe, ich konnte euch einen verständlichen Einblick in die Vielschichtigkeit der Magersucht geben.

00:37:55: Danke, dass ihr heute dabei wart.

00:37:57: Passt gut auf euch auf und ja, ich hoffe, ihr hört auch bei der nächsten Folge wieder mit rein.

00:38:03: Ich würde mich sehr freuen und ich wünsche euch noch einen schönen Tag.

00:38:06: Bis bald.

00:38:07: Tschüss!

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